Peter Widmer
und Peter Uhlmann wurden überrascht.
Das Wiesel ist nicht nur süss, sondern auch ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen Mäuseplagen. Auch für die Stadt Winterthur.
Natur Es wirft sich in Pose, macht Männchen und schaut die Zuschauenden mit schwarzen Knopfaugen treuherzig an. Die «Ah!» und «Oh!» seiner Bewunderer sind dem weisspelzigen Wiesel dank seinen akrobatischen Kunststücken gewiss. Es scheint sie aber nicht wahrzunehmen, als es die Strassenlampe kopfüber hochrast, eine Kehrtwende macht und sich dem Boden wieder in atemberaubendem Tempo nähert. Die Showeinlage ist damit nicht beendet: Sodann rast das Wiesel durch ein Mausloch bei der Zeughauswiese, guckt zum anderen Ende hinaus und wiederholt dies zum Ergötzen der Herumstehenden mehrere Male. Erst als sich ein Spaziergänger mit einem Hund an der Leine nähert, verkriecht sich das etwa dreissig Zentimeter grosse Tierchen im Mausbau. Dass es sich gerade dort aufhält, ist kein Zufall: «Wiesel sind die besten Mäusejäger», sagt ein Seemer Bauer, der wenige Tage vor dieser Begegnung ein niedliches Wiesel-Video auf Social Media gepostet hatte und sich darin sichtlich über die Anwesenheit des ökologischen Schädlingsbekämpfers auf seinen Feldern freut. Das ist nicht nur so daher gesagt: Ein Wiesel hat grossen Hunger. Ein einziges frisst durchschnittlich zwei Schermäuse pro Tag. Ein Weibchen mit sechs Jungtieren sogar bis zu hundert pro Woche. So regulieren die putzigen Tierchen die Mausbestände und verhindern, dass sich die Nagetiere unkontrolliert vermehren.
Wiesel sind nicht nur an Waldrändern, Feldern oder auf Wiesen anzutreffen, sondern lassen sich auch mitten in einer Stadt blicken – wie das eingangs geschilderte Beispiel zeigt. «Das ist nicht ungewöhnlich», sagt die Kuratorin Sabine Schnurrenberger vom Naturkundemuseum Winterthur, die den Bereich Biologie verantwortet. «In der Kulturlandschaft gibt es für Wiesel fast keine geeigneten Verstecke mehr. Vielfach wurden Stein- oder Asthaufen von den Feldern geräumt. Die Tiere brauchen diese aber, um sich vor Fressfeinden wie Raubvögeln, Störchen, Füchsen, Eulen, Hunden oder Katzen in Sicherheit zu bringen.» Eine Alternative biete daher die Stadt mit Versteckmöglichkeiten in Pärken, Pünten oder auf Gartensitzplätzen. Das allein genüge aber nicht. «Damit Wiesel in der Stadt überleben, braucht es auch eine genügend grosse Mäusepopulation.» Wird die Nahrung zu knapp, wandern die Tiere weiter und legen dabei weite Strecken zurück – im Sommer bis zu fünf Kilometer pro Tag.
«Um dem kleinsten Raubtier der Welt in Winterthur geeignete Rahmenbedingungen zu bieten, unternimmt die Stadt bereits einiges», sagt Livia Haag, die für den Natur- und Vogelschutzverein Winterthur-Seen das Förderprogramm Haselmaus leitet. «Innerhalb von zehn Jahren haben wir mit der Stadt Winterthur etliche Wieselburgen gebaut – eine Art Asthaufen mit einem mit Laub, Stroh und anderen wärmenden Materialien gepolsterten Hohlraum, der den Wieseln als Aufzuchtkammer dient.» Ausserdem wurden dank des Haselmaus-Projekts zahlreiche Hecken gepflanzt und miteinander vernetzt. Etwa eine 300 Meter lange auf dem Eidberg, die für Haselmäuse angelegt wurde, Wiesel und Hermelin aber ebenso Schutz bieten. Als weiteres Vorzeigeprojekt nennt Haag die Wieselunterschlüpfe beim Flugplatz Hegmatten, wo die kleinen Raubtiere die Wühlmäuse in Schach halten sollen. Gleich daneben wurden weitere Wieselburgen bei der Fussballanlage sowie weitere Hecken mit einem Krautsaum und einzelnen Steinhaufen angelegt, um den kleinen Jägern Schutz vor Fressfeinden sowie Ruhe- und Aufzuchtplätze zu bieten.
Trotz dieser Bemühungen ist das Wiesel auch in Winterthur zahlreichen von Menschen geschaffenen Gefahren ausgesetzt. Beispielsweise durch den Verkehr, fehlende Möglichkeiten, die Strassen zu überqueren und durch die Bedrohung von Katzen in Siedlungsnähe. Nicht nur das: In Gärten werden Wiesel auch versehentlich vergiftet oder verenden in Mausefallen. Mit etwas mehr «Unordnung» dank Ast- und Steinhaufen könnten Gärtnerinnen und Gärtner nicht nur ihren Rücken, sondern auch ihr Portemonnaie schonen – indem sie die Mäusebekämpfung dem kleinen Jäger überlassen. Manchmal ist etwas weniger eben auch etwas mehr.
Corinne Päper
Melden Sie Ihre Beobachtung auf www.stadtwildtiere.ch und tragen Sie so zur Kartierung der Artenvielfalt bei.
Das Naturmuseum Winterthur widmet den Wieseln ab dem 24. November die Sonderausstellung «Mauswiesel und Hermelin – kleine Tiere, grosse Jäger».
Weitere Infos unter:
natur.winterthur.ch
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