Peter Widmer
und Peter Uhlmann wurden überrascht.
Der Corale Pro Ticino mit Chorleiter Kilian Deissler. Bild: Claudia Naef Binz
Der Corale Pro Ticino pflegt das Tessiner Kultur- und Liedgut. Jetzt öffnet er sich sowohl musikalisch als auch für neue Sängerinnen und Sänger.
Italianità «Siete pronti?», fragt der Dirigent Kilian Deissler an einer Probe im Dezember im Singsaal des reformierten Kirchgemeindehauses Wülflingen. Deissler sitzt am Klavier, der Chor hat sich im Halbkreis angeordnet. «Schildkrötenposition» nennt dies der Dirigent, «wie die Römer bei Asterix und Obelix». Schon haut Deissler in die Tasten, der Chor zieht mit. Das Lied «A Mezza Strada» erklingt mit Chorgesang und Boogie-Woogie-Klavierbegleitung.
«Wir wollen den Musikstil etwas öffnen», sagt der Dirigent. Bei der Gründung des Chors in Winterthur vor über 80 Jahren sei es darum gegangen, ausgewanderten Tessinern eine musikalische Heimat zu bieten. Noch heute wird das Lied- und Kulturgut gepflegt, gesungen wird im Tessiner Dialekt und italienisch. Den Chor kann man ausserdem zum Risottokochen und für Caterings engagieren. «Im gemischten Chor, der rund 30 Mitglieder zählt, wird die Kameradschaft grossgeschrieben», sagt Vereinspräsidentin Sandra Monai.
«Begonnen hat es mit Tessiner Auswanderern, die ausgezogen sind, um in der Welt Arbeit zu finden», steht im Flyer für das kommende Konzert. Viele der Auswanderer haben neben dem Essen die Musik in die Ferne getragen und diese an neuen Orten mit der eigenen Tradition verwoben.
Wie würde ein Tessiner Lied ertönen, das nach Buenos Aires exportiert wurde? «Das wollen wir mit unserem Konzert im Juni zeigen», so Deissler. Die meisten Arrangements erstelle er selber. «Oft sind wir mit sehr alten Noten konfrontiert.» Diese überarbeite er am PC, «meist tüftle ich noch am Arrangement».
Der Deutschschweizer Deissler dirigiert den Chor seit bald zehn Jahren. Bereits während seines Studiums sei er auf die Anzeige für die Chorleiterstelle gestossen. «Ich habe beim Corale Pro Ticino die Italianità gesucht und gefunden», sagt er. «Es ist immer ein Dialog zwischen Dirigent und Chor.» Es sei wichtig, dass vom Chor etwas zurückkomme. «Und das tut es!»
«Wir suchen dringend neue Sänger im Bass und Tenor», sagt Elena Rezzonico. «Und jetzt auch noch Sängerinnen im Sopran», wirft Präsidentin Monai ein.
Rezzonico ist die Aktuarin des Vereins. «Ich singe schon seit über 50 Jahren im Chor, seit 1972», sagt sie. «Madonna», staunt ihr Vorstandskollege Livio Gozzoli. Rezzonicos Familie stammt aus dem Bleniotal, sie ist aber in Schaffhausen aufgewachsen. «Dank meinen Eltern habe ich den Tessinerdialekt beibehalten können.»
Rund ein Drittel des Chors seien Tessiner, ein Drittel Personen mit Italienischkenntnissen, zwei kommen aus dem Puschlav, zwei aus Graubünden. Etwa ein weiteres Drittel sind Deutschschweizer und Personen, die kaum über entsprechende Sprachkenntnisse verfügen. Man spreche im Chor untereinander möglichst italienisch. «Damit alle mitsingen können, übersetze ich die Texte auf Deutsch und schreibe eine phonetische Fassung.» Willkommen sind also auch Gesangsbegeisterte ohne Italienischkenntnisse. «Die meisten, die bei uns hereinschauen, bleiben bei uns», sagt Präsidentin Monai.
Claudia Naef Binz
Corale Pro Ticino Winterthur
Proben ab 11. Januar 2024
Jeden Donnerstag 19.30 bis 21.15 Uhr
Pfarrheim der Evangelischen Kirche
Lindenplatz 14, 8408 Winterthur
Informationen/Anmeldung:
Sandra Monai, 052 746 12 54
www.corale-winterthur.ch
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