Gianluca Ogi
will sich in der Swiss League etablieren.
Die Stadt Winterthur will mehr Grünflächen und Bäume. Bild: Jan Gubser
Winterthur soll grüner und für Fussgänger, Velos und den öffentlichen Verkehr attraktiver werden. Die Volksinitiativen könnten bald vors Volk gelangen.
Politik Die Tage sind regnerisch. Die Hitze ist aus der Innenstadt verschwunden. Verhältnismässig mild ging es am Montag im Parlament zu und her. Dieses beschäftigte sich mit zwei Volksinitiativen.
Künftig dürfte es jährlich in der Winterthurer Innenstadt 40 bis 50 Hitzetage und Tropennächte geben, wie aus dem Rahmenplan Stadtklima des Amtes für Städtebau der Stadt Winterthur hervorgeht. Asphalt und Beton speichern die Wärme länger als unbebaute Flächen. Dadurch wärmt sich die Innenstadt stark auf. Um Winterthur besser abzukühlen, fordert der Verein «umverkehR» in einer Volksinitiative, dass binnen zehn Jahren fünf Prozent der Strassenflächen für Grünflächen und Bäume weichen. Die Forderung der zweiten Volksinitiative lautet ähnlich: Die Stadt soll fünf Prozent der Strassen in zehn Jahren in Fussgängerzonen, Velowege oder bevorzugte Routen für den öffentlichen Verkehr umwandeln.
«Das sind zwei irrsinnige Initiativen», sagte Philipp Angele von der SVP an der Parlamentssitzung. «Die Forderungen sind weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll.» Reto Diener von den Grünen entgegnete: «Es geht nun um die Wurst. Die Initiative ist ein wichtiger Beitrag zu den Klimazielen.» Diener sieht drei zentrale Vorteile: weniger Lärm, weniger CO2-Ausstoss, mehr Schutz vor Hitzewellen. «Der beste Zeitpunkt zum Bäumepflanzen war vor 20 Jahren. Der zweitbeste ist heute», sagte Lisa Studer von den Grünliberalen. Romana Heuberger, FDP: «Es ist ein Angriff auf den Individualverkehr. Trotz Bevölkerungswachstum über die letzten Jahre hat die Strassenfläche in Winterthur abgenommen.» Nun müsste man Strassen frühzeitig aufreissen, um das Ziel der Initiative zu erreichen. «Das müssen sie ohnehin, da das Fernwärmenetz vergrössert wird», sagte Benedikt Zäch, SP. Die linken Parteien sehen die Notwenigkeit der Initiativen, die rechten schätzen die Kosten als unverhältnismässig ein.
Das Parlament entschied sich in beiden Volksinitiativen für den Gegenvorschlag der Baukommission. So sollen bis ins Jahr 2040 in zwei Etappen 80 000 Quadratmeter Grünfläche entstehen und 500 Bäume neu gepflanzt werden. Der Stadtrat setzte das Mass deutlich tiefer, auf 50 000 Quadratmeter. Die Initiative sah eine Fläche von 150 000 bis 250 000 Quadratmeter vor, die innerhalb von zehn Jahren entsiegelt werden sollte.
Durch den Gegenvorschlag der Baukommission zur zweiten Initiative sollen in zwei Etappen bis ins Jahr 2040 170 000 Quadratmeter für Fussgänger, Velos und den öffentlichen Verkehr entstehen. Diese Fläche fällt bei Autos und Motorrädern weg. Der Winterthurer Stadtrat wollte 130 000 Quadratmeter und die Volksinitiative 150 000 bis 250 000 Quadratmeter umwandeln.
Insgesamt forderten die beiden Initiativen, dass eine Fläche von zusammengerechnet 300 000 bis 500 000 Quadratmeter Strassen verschwinden. Das entspricht rund 25 000 bis 40 000 Parkplätzen oder 45 bis 70 Fussballfeldern.
«Es ist enttäuschend, dass der Mut zum Paradigmenwechsel fehlt», sagt Daniel Costantino, Kampagnenleiter des Vereins «umverkehR», der die beiden Initiativen einreichte, einen Tag nach der Abstimmung. Er erhofft sich ein Umdenken der Gesellschaft hin zu einer Stadt mit vielen Bäumen und lebenswertem Stadtraum. Die Gegenvorschläge des Stadtrats und der Kommission gehen Costantino zu wenig weit: «In Genf hat man beschlossen, 25 000 Bäume zu pflanzen. Zum Vergleich: Winterthur hat sich nur für 500 Bäume ausgesprochen. Das sind zu wenige.»
Wenn das Initiativkomitee die Volksinitiativen zurückzieht, werden die Gegenvorschläge der Baukommission umgesetzt. Ansonsten kommt es zu Volksabstimmungen. Costantino wird mit dem Initiativkomitee in ungefähr einem Monat die Entscheidung fällen.
Jan Gubser
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