MG Grace
ist an zwei Gospelkonzerten zu hören.
Die RPK und ein Komitee hatten sich gegen das Projekt gestellt. Gemeindepräsident Manfred Leu nimmt zur Rückweisung Stellung.
Seuzach Dass die Gemeinde Seuzach ein neues Schulhaus Rietacker braucht, ist in der Gemeinde unbestritten. Ob ein neuer Saal erforderlich ist, hingegen nicht.
Die Rechnungsprüfungskommission (RPK) und das Komitee «Für ein finanziell vertretbares Projekt Rietacker» hatten sich im Vorfeld gegen das Projekt und die zwei Saalvarianten ausgesprochen und eine Rückweisung beantragt. Die Redaktion hat per E-Mail beim Gemeindepräsidenten nachgefragt, wie realistisch das Worst-Case-Szenario der RPK aus dessen Sicht gewesen wäre, und was die weiteren Schritte für ein neues Schulhaus Rietacker sind.
Am 16. September wurde das Geschäft mit den beiden Projektierungskrediten deutlich zurückgewiesen. Kam diese Rückweisung überraschend?
Manfred Leu: Wir mussten mit einer Rückweisung rechnen, da in vielen Gemeinden der Schweiz das Phänomen zu beobachten ist, dass wichtige und zukunftweisende Grossprojekte oft zuerst zurückgewiesen oder abgelehnt und dann über einen längeren Zeitraum in Teilprojekte aufgeteilt werden.
Aufgrund der Rechnungslegungsvorschriften lässt sich bei Grossprojekten nämlich eine temporäre Verschuldungssituation ausserhalb eines definierten Zielkorridors kaum vermeiden. Trotzdem war die deutliche Rückweisung für den Gemeinderat letztlich überraschend, zumal das Projekt im Kostenbenchmark mit anderen Projekten im Raum Zürich sehr kosteneffizient abgeschnitten hat. Die Interessengruppe für die Erhaltung des Saals Oberwis hat sehr gut mobilisiert.
Warum wurde das Projekt nicht von Anfang an in Teilprojekte aufgeteilt?
Es ist die Aufgabe des Gemeinderates, der Bevölkerung ein Projekt zur Abstimmung vorzulegen, das die notwendigen Anforderungen am besten erfüllt, die langfristige Wirtschaftlichkeit berücksichtigt und für die Gemeinde tragbar ist, ohne den kommenden Generationen einen Investitionsstau aufzubürden. Das Gesamtprojekt hat diese Kriterien aufgrund seines Synergiepotenzials und der Kosteneffizienz am besten erfüllt.
Hat der Gemeinderat das Projekt genügend gut vorgestellt?
Für die Exekutive ist es tatsächlich sehr herausfordernd, die Bevölkerung effektiv über ein solch komplexes Projekt zu informieren. Wir haben unter anderem laufend auf unserer Website sowie mit mehreren Informationsveranstaltungen über das Projekt berichtet. Die wenigsten haben aber zum Beispiel gehört, dass unser Eigenfinanzierungsgrad bei 41 Prozent gelegen hätte, also deutlich höher als bei fast allen Eigenheimkäufen mit 20 Prozent, und die Gemeinde das Fremdkapital innerhalb von 19 Jahren vollständig zurückbezahlt hätte. Ich muss neidlos anerkennen, dass die Befürworter der Rückweisung unter anderem mit populistischen Aussagen wie «Wir lehnen 39-Millionen-Luxusprojekt ab» effektiver kommuniziert haben, auch wenn ich überzeugt bin, dass eine solche Kommunikationsstrategie eine Gemeinde nicht weiterbringt.
Die RPK hatte sich gegen das Projekt mit Saal-Varianten gestellt und sprach von Kosten im schlimmsten Fall bis zu 50 Millionen Franken. Wie realistisch ist dieses Szenario aus Sicht des Gemeinderats?
Die Gemeinde hat die realistischen Kosten für den Baukredit von 38,9 Millionen Franken für das Projekt Schulhaus Rietacker mit Gemeindemehrzwecksaal und Tagesstrukturen nach den Standards des Baukostenplans und der SIA-Normen schätzen lassen. In diesem frühen Projektstadium sehen diese Normen eine Kostenungenauigkeit von plus/minus 25 Prozent vor. Auch wenn ein Restrisiko bleibt, ist es ebenso unrealistisch, dass die Kosten auf 50 Millionen steigen, wie dass sie auf 29 Millionen sinken. Ich habe an der Gemeindeversammlung betont, dass der Gemeinderat den eigenen Anspruch hat, im Fall einer Annahme den grob geschätzten Baukredit nicht zu überschreiten.
Hätte der Gemeinderat rückblickend bei dieser Vorlage etwas anders gemacht?
Jemand brachte das Feedback ein, dass es besser gewesen wäre, zuerst nur über den potenziellen Erhalt des Saals im Oberwis abzustimmen. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob wir damit eine Zusatzschlaufe hätten verhindern können. Wie bereits erwähnt, werden Grossprojekte in den Gemeinden in sehr vielen Fällen aufgrund der auf den ersten Blick hoch erscheinenden Kosten abgelehnt oder zurückgewiesen, oft auch unterstützt durch reisserische Überschriften in den Medien.
Wir müssen aber auch selbstkritisch sein. Es ist dem Gemeinderat nicht gelungen, der Bevölkerung den grossen Nutzen und die langfristige Wirtschaftlichkeit dieses innovativen und mutigen Projekts zu vermitteln. Jetzt müssen wir aber den Blick nach vorn richten und nicht dieser grossen verpassten Chance für Seuzach nachtrauern.
Es sind weitere Schulhäuser in die Jahre gekommen, wie sieht hier die Grobplanung aus?
Die Heizungen der Schulhäuser Birch und Ohringen sollen bereits in den nächsten zwei bis drei Jahren ersetzt werden. In diesem Zeitraum sind weitere dringliche Sanierungen vorgesehen. Die Klassenzimmersanierung im Schulhaus Birch ist aktuell etappenweise zwischen 2029 und 2034 geplant. Dieser Zeitplan kann sich aber nochmals ändern.
In der Kolumne des Gemeindepräsidenten war zu lesen, dass Verwaltungsangestellte und Gemeinderäte angefeindet wurden. Kann man etwas darüber sagen?
Ich habe dieses Thema bewusst in meine Kolumne aufgenommen, um dafür zu sensibilisieren, möchte aber vorausschicken, dass wir in Seuzach trotz unterschiedlicher Interessen eine sehr respektvolle Diskussionskultur pflegen und solche Vorfälle selten sind. Wenn sich im mächtigsten Land der Welt die Präsidentschaftskandidaten gegenseitig beschimpfen und verunglimpfen, dann hat das Signalwirkung, und es besteht die Gefahr, dass sich einzelne Personen in einer Gemeinde plötzlich legitimiert fühlen, vor allem bei politisch umstrittenen Themen, direkt «auf den Mann oder auf die Frau zu spielen». Eine solche Entwicklung ist fatal für unsere Gesellschaft und unsere direkte Demokratie, vor allem wenn sie auf kommunaler Ebene Einzug hält, dort, wo wir zusammenleben.
Wie sehen die nächsten Schritte für das Projekt Rietacker aus?
Der Gemeinderat wird als Nächstes die Voten der Versammlung auswerten, eine Situationsanalyse vornehmen und zu gegebener Zeit über das weitere Vorgehen informieren.
In welchem Zeithorizont rechnet der Gemeinderat mit einem neuen Projekt?
Innerhalb eines Jahres.
Wird es Engpässe beim Schulraum geben?
Da sich das Projekt Rietacker jetzt etwas verzögern wird, bleibt der knappe Schulraum länger eine Herausforderung. Der Gemeinderat stellt sich aber auch dieser Situation und wird Lösungen finden.
An der Gemeindeversammlung konnte aus Gründen der Versammlungsführung keine Diskussion über das Projekt als solches geführt werden. In welcher Form wird sich die Bevölkerung einbringen können?
Aufgrund der Annahme des Rückweisungsantrags kam es nicht zu einer Variantenabstimmung und einer Diskussion dazu. Das hat mit der Versammlungsführung nichts zu tun. Die anwesenden Stimmberechtigten hatten die Möglichkeit, sich während der Diskussion zum Rückweisungsantrag einzubringen. Während die Anforderungen an das Projekt durch die Nutzervertretenden wie Schule, Vereine etc. definiert werden, informiert die Gemeinde weiterhin auf verschiedenen Kanälen umfassend über das Projekt und bindet die Bevölkerung mittels Informationsveranstaltungen mit ein, damit letztlich die Stimmberechtigten zuerst an der Gemeindeversammlung und später an der Urne einen informierten Entscheid fällen können.
Interview: Claudia Naef Binz
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