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Tanja Scartazzini vor dem Gemälde so und so
23 Kulturbetriebe profitieren von städtischen Subventionen. Seit zwei Jahren werden diese neu verhandelt. Das sorgte auch für Unmut.
Kultur Die Stadt Winterthur hat ihre Kultursubventionen für 2025 angepasst. Neu erhalten die Kulturbetriebe 700 000 Franken mehr. Der Stadtrat wollte die Beiträge erst um eine Million Franken erhöhen, wurde jedoch vom Parlament gebremst. Mit der Neuverteilung der Gelder sind aber nicht alle zufrieden. In der letzten Ausgabe der «Winterthurer Zeitung» sprachen der Musikverband der Stadt Winterthur und der Historische Verein Winterthur ihren Unmut aus. Beide sehen ihre Existenz bedroht. Im Gespräch mit der «Winterthurer Zeitung» erklärt Tanja Scartazzini, die Amtsleiterin Kultur der Stadt Winterthur, unter welchen Kriterien die Subventionen vergeben werden, wie es um die Kulturstadt steht, und was sie bei der nächsten Neuverhandlung der Beiträge anders machen würde.
In den letzten Wochen meldeten sich Kulturbetriebe wie der Musikverband der Stadt Winterthur oder der Historische Verein Winterthur öffentlich zu Wort und klagten über die Verteilung der Subventionsbeiträge. Haben wir hier zwei Verlierer im Kampf um Subventionen?
Tanja Scartazzini: Beide beziehungsweise alle 23 Institutionen sollen ja einen Subventionsvertrag erhalten. Sie bekommen Geld in einer finanziell sehr angespannten Lage der Stadt.
Wieso erhält der Musikverband als einziger der 23 subventionierten Betriebe weniger Geld?
Wir haben über alle Institutionen die Kriterien angewandt, die sich im Kulturleitbild in der Kulturförderverordnung befinden, und ein Kriterium ist, dass wir im Grundsatz Organisationen fördern, die sich hauptsächlich im professionellen Kulturbetrieb befinden. Beim Musikverband sprechen wir von einem Laienverband, der sehr hochstehend organisiert ist. Angesichts dessen, dass wir die Kürzung machen mussten, war das eines der wichtigen Kriterien, nicht die Professionalität des Betriebs, weil diese haben sie durchaus. Hierzu muss man sagen, dass beim Musikverband bereits gekürzt wurde, weil sie zwei Vereinsmitglieder weniger haben.
Warum wurde bei Institutionen gekürzt, die in der Kompetenz des Parlaments lagen und nicht bei den elf in der Kompetenz des Stadtrats?
Hier haben wir verschiedene Kriterien. Das eine ist, dass die Kulturförderverordnung festlegt, wie man kürzt. Der Grundsatz heisst: Bei Betrieben und Organisationen unter 100 000 Franken Jahresbeitrag gibt es keine Kürzung. Sonst ist eine Kürzung von maximal fünf Prozent unter dem Jahr möglich, wenn die städtischen Finanzen schwierig sind. Kürzungen bei den tieferen Beträgen schenken mehr ein als bei den grösseren. Also haben wir gesagt, wir gehen nicht auf die Kleinen. Es wäre auch gar nicht so viel zusammengekommen, aber es hätte den Betrieben im Verhältnis mehr geschadet. Zudem haben wir auch eine Gemeindeordnung, und die weist die Finanzkompetenzen ganz klar zu. Alles über einer Million Franken gehört zum Parlament und alles darunter zum Stadtrat. Der Entscheid zu kürzen, kam vom Parlament.
Es ist ja eigentlich eine positive Nachricht. Der Stadtrat wollte in finanziell schwierigen Zeiten eine Million Franken zusätzlich in die Kulturförderung investieren. War es das, ein Bekenntnis zur Kulturstadt?
Total. Es ist ein grosses Bekenntnis. Als ich hier im September 2023 angefangen habe, war der Betrag wesentlich kleiner. Mit guten Argumenten konnten wir dem Stadtrat zeigen, warum die Kulturstadt trotz allem mehr Geld braucht, und der Stadtrat ist dem Antrag gefolgt. Es sieht natürlich für die Kultur so aus, als ob von einer Million Franken auf 700 000 gekürzt wurde, aber eigentlich ist es de facto eine Erhöhung von null auf 700 000 Franken. Das, finde ich, ist ein Bekenntnis.
Wie haben Sie die Gespräche mit den Kulturinstitutionen im ganzen Prozess erlebt?
Es ist schon so: Mehr wäre immer besser. Aber ich habe die Gespräche als sehr partnerschaftlich empfunden. Ich hatte mit Organisationen zu tun, die durchaus Verständnis hatten für unsere Aufgabe als Amt für Kultur, die ein Verständnis hatten, in welchen finanziellen Schwierigkeiten die Stadt steckt. Wir als Amt für Kultur sind sehr daran interessiert, dass unsere Kulturvielfalt Bestand hat, dass wir eine lebendige Kulturszene haben. Aber wir sind auch Teil der Stadtverwaltung und haben die Aufgabe, die Gelder so zu verteilen, wie uns das Parlament beauftragt.
Sie leiteten 20 Jahre lang beim Kanton Zürich die Fachstelle Kunstsammlung und Kunst am Bau und waren danach Amtsleiterin Kultur beim Kanton St. Gallen. Im Vergleich: Wie steht es um die Kulturvielfalt in Winterthur?
Die Kulturvielfalt in der Stadt Winterthur ist immens. Sie ist sehr divers und sehr getragen. Der Name Kulturstadt ist richtig, die Stadt verdient den Namen Kulturstadt.
Und wie geht es der Kultur in der Stadt?
Das ist eine generelle Frage. Da geht es der Kultur in Winterthur genauso, wie es ihr in anderen Städten, Gemeinden und Kantonen geht. Es hat sich sehr viel gewandelt in den letzten Jahren und mit Corona noch mal akzentuiert gewandelt. Wir haben die Thematik der fairen Gagen, also die soziale Sicherheit von Kulturschaffenden und Kulturorganisationen und wir haben einen extremen Wandel des Publikums.
Inwiefern?
Das Publikum ist flexibler und unverbindlicher unterwegs. Betroffen sind insbesondere die Häuser mit Ticketvorverkauf. Diese konnten früher vorausschauender planen. Dann ist in der Altersstruktur etwas passiert. Die Älteren kamen nach Corona langsamer zurück zur Kultur. Es herrschte lange Angst, einfach weil sie vulnerabler waren. Die Kultur hat dann auch Konkurrenz erhalten, über ein Freizeitangebot, das man entdeckt hat.
Also Wandern und Biken?
Ja. Wandern, in der Natur sein, Netflix, das hat die Kultur auch ziemlich eingeschränkt. Das spürt man noch, und die Frage ist: Bewegt sich das wieder retour?
Wie lautet die Antwort?
Ich behaupte, es ist jetzt einfach so. Es gibt wahrscheinlich keine Vor-Coronazeit mehr, und wir müssen davon reden, dass es ist, wie es ist. Wir haben ein Publikum, das sich nun einfach so verhält, wir haben eine Struktur, die so ist, und wir haben eine Konkurrenz an den Tisch bekommen, die jetzt einfach da ist. Jetzt müssen wir schauen, wie wir damit umgehen, und ich glaube, was nicht geht, ist, sich wieder die Zeit vor Corona herbeizuwünschen oder darauf hinzuarbeiten. Nein, wir müssen darauf hinarbeiten, wie wir mit diesen Vorgaben, die wir nun haben, umgehen.
Die Wünsche sind jeweils gross. Es gab weit mehr Gesuche als Geld für die Subventionen. Ist der Winterthurer Kulturkuchen zu gross oder das Portemonnaie der Stadt zu klein?
Die Kulturstadt Winterthur war schon immer gross. Hier gibt es Bewegung, mal mehr Initiativen, mal weniger. Zu gross? Es ist auch toll, dass sie so gross ist. Ist das Portemonnaie zu klein? Auch hier gibt es Bewegung. Aktuell müssen wir das Portemonnaie eher ein bisschen enger schnüren. Es gab aber auch Zeiten, da war das Portemonnaie sehr gross. Es gab Zeiten, als man die ganz grossen Häuser wie das Kunstmuseum finanzieren konnte. Es gibt vielleicht wieder eine Zeit, in der das Portemonnaie wieder grösser ist.
Was macht Winterthur zur Kulturstadt?
Kulturstadt ist wie ein Oberbegriff und etwas, was Winterthur im Vergleich zu den anderen Städten ausmacht ist, dass wir auch eine Festivalstadt sind, eine Museumsstadt, eine Musikstadt. Andere Städte sind bekannt für jeweils etwas, zum Beispiel hat Luzern das KKL, das ist ihre Uniqe Selling Proposition (USP). Viele Städte haben einzelne grosse Teile und Winterthur hat mindestens drei.
Würden Sie rückblickend im Subventionsprozess etwas anders machen?
Ja. Der Prozess dauert sehr lange. Gemessen an den Prozessen einer Verwaltung ist das normal lange, wir sind aufgefordert, unsere Arbeit sehr genau zu machen, wir sind aufgefordert, präzise zu arbeiten, wir sind aufgefordert, intern viel abzuklären. Für unsere Kulturorganisationen war es wahnsinnig lange.
Tatsächlich war die Nervosität in der Kulturszene bei der Vergabe deutlich spürbar.
Das verstehe ich. Die ersten Kontakte gehen zwei bis zweieinhalb Jahre zurück. Das ist für die Institutionen schwierig für die Planungssicherheit. Das ist etwas, was wir ganz sicher genau anschauen müssen. Wir werden früher anfangen, die Zahlen zusammenzutragen und Gespräche zu führen, sodass wir den Prozess kontinuierlicher führen.
Wie definitiv ist der Entscheid nun? Kann der Stadtrat noch anpassen bevor das Parlament im Herbst entscheidet?
Mit der Abgabe dieser Weisung durch den Stadtrat haben wir auf der Fachebene unsere Arbeit getan. Danach geht es in den politischen Prozess. Unser Ziel ist, dass wir am 01.01.2025 die Verträge in Kraft setzen können.
Interview: Sandro Portmann
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