Johnethen Fuchs
präsentiert seine neue Single im Café Kunterbunt.
Der Krieg und sein Schrecken dominieren seit Jahrzehnten die Schlagzeilen aus dem Nahen Osten. Der Winterthurer Felix Lisibach setzt sich dort für Frieden ein.
Winterthur/Israel Der Nahe Osten ist ein Pulverfass, das immer wieder explodiert. Zuletzt am 7. Oktober, als die radikalislamistische Hamas bei einem brutalen Angriff auf Israel rund 1200 Menschen getötet und 200 Personen als Geiseln nach Gaza verschleppt hatte. Israel reagierte mit massiven Gegenangriffen im Gazastreifen und wird für diese heftigen Angriffe kritisiert. Es ist nicht das letzte Kapitel in der von Krieg geplagten Region. Seit 1990 bemüht sich die Schweiz vor Ort um Frieden im Nahen Osten. In Israel, Syrien, im Libanon, in Jordanien sowie Ägypten stehen zugunsten der Uno-Mission Untso Dutzende Militärbeobachter im Einsatz. Auch auf den Golanhöhen. Einer von ihnen ist der Winterthurer Felix Lisibach. Seit vergangenem September ist er für ein Jahr dort stationiert. Mit seinen 28 Jahren ist Hauptmann Lisibach der Jüngste in einem internationalen Team mit Offizieren aus 21 verschiedenen Nationen.
Die Spannung vor dem Angriff der Hamas vom besagten 7. Oktober war spürbar, sagt Lisibach im Gespräch via Videotelefonie. «Wir haben hier immer eine latent angespannte Situation, aber an diesem Tag war es besonders ausgeprägt», erinnert er sich zurück. Er hatte an diesem Tag Dienst und zeigte einer Schweizer Delegation samt Armeechef vor Ort die Lage. «Meine Briefings wurden immer wieder von Telefonanrufen unterbrochen und auch unsere Sirenenapp (Redapp) piepste ununterbrochen.» Dann kam das Sicherheitskonzept nach klaren Vorgaben zum Tragen.
Obwohl er sich mitten im Kriegsgebiet befindet, bestand für Lisibach bisher keine unmittelbare Lebensgefahr, wie er sagt. «Wir sind kein direktes Ziel, von keiner Partei.» Trotzdem hat der Job ein gewisses Gefahrenpotenzial. «Es kommt immer wieder vor, dass wir Artilleriefeuer oder abgefangene Raketen in nächster Nähe beobachten. Es ist ein seltsames Gefühl, zu wissen, dass dies jeweils keine Übungen sind, wie ich es mir aus meinen früheren Milizdiensten in der Schweiz gewohnt war», so Lisibach. Angst habe er keine. «Überhaupt nicht. Wenn das der Fall wäre, wäre ich hier nicht am richtigen Ort. Aber man muss die Situation ernst nehmen, dafür wurden wir ausgebildet», sagt der Winterthurer. Aktuell habe sich die Lage wieder etwas normalisiert. «Soweit dies möglich ist, führen die Menschen wieder ihr normales Leben weiter. Doch leider ist Krieg eine Realität, welche die Menschen in Israel und in den benachbarten Ländern seit langer Zeit begleitet.»
«Die Schweiz ist besorgt über die Lage im Nahen Osten», heisst es offiziell vom Bund. Angesichts der dramatischen humanitären Folgen des Konflikts hat die Schweiz weitere 90 Millionen Franken für humanitäre Hilfe bereitgestellt, davon 81 Millionen für das besetzte palästinensische Gebiet und 9 Millionen für die Region. Die Gelder gehen an die Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, die Vereinten Nationen sowie an Schweizer Nichtregierungsorganisationen. Es ist nicht der erste Einsatz für den Frieden, den Lisibach leistet. Zuvor war er bereits im Kosovo als Teil der Nato-Operation KFOR zur Gewährleistung lokaler Sicherheit und arbeitete als akademischer Mitarbeiter für die Schweizer Mission der Nato in Brüssel, als der Ukraine-Russland-Konflikt ausbrach. Als Friedensengel würde er sich aber nicht bezeichnen. «Es ist vielleicht idealistisch, aber dennoch mache ich die Arbeit gerne und mit Überzeugung», so Lisibach. Auch wenn sich seine Aufgabe als Uno-Beobachter im Nahen Osten hauptsächlich auf das Beobachten und Rapportieren beschränkt, so habe dies dennoch eine grosse Wirkung. «Ich bin überzeugt, die reine Präsenz, die ‹Blue Berets› und die weissen Autos der Uno haben einen deeskalierenden Effekt auf die Region.» Es sei ein Zeichen, dass die Welt die Probleme wahrnehme und nicht wegschaue. Die Uno führt im Einsatzgebiet bei allen Konfliktparteien regelmässig Inspektionen durch, um sicherzustellen, dass die Waffenstillstandsabkommen eingehalten werden. Dies zählt ebenfalls zu den Aufgaben von Lisibach, die er an seinem Standort in Israel durchführt.
Während des Einsatzes hat Felix Lisibach mit verschiedenen Herausforderungen zu kämpfen. «Nach zwei Wochen vom gleichen Posten aus zu beobachten, da fühlt man sich irgendwann wie in einem Hamsterrad», sagt er. Das aufgestellte Team wirke dem entgegen. «Es herrscht eine generelle Akzeptanz allen gegenüber, egal welcher Religion oder Kultur man entspringt oder wie alt du bist», so Lisibach. Auch die Distanz zur Schweiz sei an gewissen Tagen eine Herausforderung. «Man kann nicht so schnell, schnell nach Hause, damit muss man einfach klarkommen», wie er sagt. Dank der Technik kann er trotzdem mit seiner Familie und den Freunden kommunizieren. «Ich weiss immer, wo meine Leute sind.»
Der Einsatz im Nahen Osten sei eine Lebensschule. «Er ruft in Erinnerung, wie privilegiert wir in der Schweiz leben. Es gibt einen demütigen Blick auf das eigene Leben. Unser Frieden ist nicht per se selbstverständlich», so der Winterthurer. Wie es im September für ihn weitergehen werde, sei noch unklar. Er kann sich gut vorstellen, sich weiter für den Frieden einzusetzen.
Sandro Portmann
Zugunsten der UNO stehen seit 1990 Schweizer Militärbeobachter im Nahen Osten im Einsatz. In internationalen Teams beobachten und rapportieren sie beispielsweise bei Ereignissen die gegen das Mandat der Mission verstossen. Ihre Aufgabe ist das Überwachen des Abkommens unter anderem in einem 235 Quadratkilometer grossen Gebiet zwischen den von Israel besetzten Golanhöhen und dem restlichen syrischen Staatsgebiet. Ebenfalls patrouillieren sie im Einsatzgebiet, um sensitive Regionen zu überwachen. Um sich ein umfassendes Bild über die Situation vor Ort bilden zu können, führen sie zudem Gespräche mit Behörden und lokalen Streitkräften oder kontrollieren mit ihrem Team deren Truppen, Waffen und Munition auf Grundlage des Mandates.
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