Sarah Scheidegger
zeigte ihre Mode an der Designgut Winterthur.
Nach 220 Einsätzen in der Super League, diversen Champions-League-, Europacup- und Länderspielen tritt Zogaj ab, bleibt dem Fussball aber erhalten.
Fussball Am letzten Samstag feierte Bekim Zogaj seinen 45. Geburtstag. Just die Altersgrenze für Schiedsrichter und etwas mehr als elf Jahre her, seit der Winterthur in der Saison 2013/2014 erstmals als Schiedsrichterassistent in einer Super-League-Partie amtete. Eigentlich läuft Zogajs Vertrag als Schiedsrichter noch bis Ende 2024. Dass er aber seinen Abschied etwas vorzeitig im Klassiker FC Basel gegen FC Zürich vor zwei Wochen feiern durfte, war für das Vereinsmitglied des FC Wiesendangen geradezu perfekt.
Beim Mittagessen im Restaurant La Pergola verrät er: «Ab Januar 2025 werde ich im Schweizerischen Fussballverband (SFV) Stellvertreter von Schiedsrichter-Chef Dani Wermelinger und Leiter Schiedsrichter-Assistenten. Da bleibt mir nun noch etwas Zeit, um mich darauf vorzubereiten.» In den letzten Jahren arbeitete Zogaj zu 60 Prozent in seinem angestammten Beruf im Winterthurer Tiefbauamt und in einem 40-Prozent-Pensum als Schiedsrichter-Assistent.
Wer nun denkt, der dreifache Familienvater bekleide ab kommendem Jahr eine Vollzeitstelle beim SFV, wird eines Besseren belehrt: «Mein neuer Job beim Verband ist ein Mandatsauftrag und keine Anstellung. Ich werde also aller Voraussicht nach ab Januar wieder zu 100 Prozent bei der Stadt arbeiten. Gleichzeitig wird meine Aufgabe sein, an jedem Meisterschaftswochenende mindestens eine Partie live zu beobachten und vor Ort die Schiedsrichter- und Assistenten zu coachen. Zudem haben wir immer am Montag eine Videokonferenz, in der unter anderem die vergangenen Partien analysiert werden. Das heisst, ich beschäftige mich mit allen anderen Spielen der Super- und der Challenge League.»
Aber weshalb übernimmt man nach der intensiven Karriere als Spitzenschiedsrichter ein Amt, das so viel Zeit in Anspruch nimmt? Zogaj lacht: «Ich liebe den Fussball und möchte jungen Schiedsrichtern von meiner Erfahrung, die ich in den letzten Jahren machen durfte, Wertvolles weitergeben. Klar ist aber auch, dass meine Familie hinter dieser Entscheidung steht, ansonsten würde ich diesen Schritt nicht machen». Insgeheim wünscht sich Bekim Zogaj, dass nicht nur die Bedingungen für Spitzenschiedsrichter und -Assistenten in der Schweiz weiter verbessert werden, sondern dass auch jene, die für deren Förderung zuständig sind, künftig in einem noch professionelleren Umfeld tätig sein können.
Zogaj kramt sein Handy hervor und zeigt ein Foto, das je ein unterschriebenes Trikot des FC Basel und des FC Zürich zeigt. Zeit also für einen Rückblick. «So richtig bewusst, dass ich da ein letztes Mal als Schiedsrichter-Assistent auf dem Platz stand, wurde mir das im Basler Joggeli erst, als unser vierter Mann die Tafel mit der Nachspielzeit hochhielt», blickt Zogaj zurück. «Plötzlich ging mir da durch den Kopf: Noch vier Minuten, dann ist dieses schöne Kapitel zu Ende. Das war schon ein sehr spezieller Moment.» Er erhielt zum Abschied von beiden Teams die besagten Trikots mit allen Unterschriften, einzelne Spieler wünschten ihm alles Gute. Eine Begegnung hatte es ihm ganz besonders angetan. «Da kam doch Samuel Ballet, der zuvor einen sehr starken Einstand in den Farben des FC Zürich gefeiert hatte, auf mich zu und wünschte sich mein Schiedsrichtertrikot.» Zogaj gab es ihm gerne. Er kannte Ballet bereits aus dessen Zeit beim FC Winterthur. Der Offensivspieler hatte sich im Herbst 2022 im Auswärtsspiel in Sitten das Sprunggelenk verletzt und sich im darauffolgenden Winter mit individuellen Trainings wieder herangetastet. Er benötigte für Schusstrainings auf dem Sportplatz Talgut aber einen Torhüter. «Da sprang mein Sohn ein, dafür war Samuel sehr dankbar. Möglicherweise wollte er auch deshalb diesen Trikottausch», so Zogaj schmunzelnd.
Es waren die vielen Begegnungen mit Topstars, aber auch mit Trainern bis hin zu Balljungen in den grössten Stadien Europas, die besondere Atmosphäre in «Heimspielen» auf der Schützenwiese, aber auch viele Freundschaften, die Bekim Zogajs Karriere geprägt haben. Zu Letzteren zählt insbesondere jene mit dem Schweizer Fifa-Schiedsrichter Sandro Schärer. «Ihn durfte ich schon früh in meiner damaligen Funktion als Schiedsrichter-Ausbildner betreuen. Er galt damals mit knapp 20 Jahren bereits als grösstes Schweizer Schiedsrichter-Talent. Obwohl er neun Jahre jünger ist als ich, feierten wir 2013 gemeinsam unser Debut in der Super League. Wir verstanden uns auf Anhieb.»
In der Saison 2017/2018 kam Zogaj zusammen mit Schärer erstmals in Europacup-Wettbewerben zum Einsatz. 2020/21 folgte die Premiere in der Champions League. «Es war toll, in Spiele auf diesem Top-Level involviert gewesen zu sein. Das absolute Highlight und eigentlich der krönende, vorgezogene Abschluss meiner Schiedsrichterlaufbahn war für mich aber die Teilnahme an der vergangenen Europameisterschaft in Deutschland. Da durften wir die beiden Partien Slowenien gegen Dänemark und Georgien gegen Portugal leiten», schaut Bekim Zogaj dankbar zurück.
Inzwischen hat «La Pergola»-Gastgeber Menti Desku Bekim Zogaj ein Schnitzel mit Pommes Frites aufgetischt. Zogaj lacht: «Jetzt darf ich auch mal etwas fettiger essen.» Fit will er dennoch bleiben, so würden sich auch die kommenden Herausforderungen neben den Fussballplätzen besser meistern lassen, meint er und verrät mit einem Augenzwinkern: «Der FC Wiesendangen hat mich bereits zu einem Seniorentraining aufgeboten.» Ob er dies zeitlich stemmen könnte, ist anzuzweifeln. Allerdings würde sich ein Kreis schliessen, leitete Bekim Zogaj bei seinem Stammverein doch seine ersten Spiele als Schiedsrichter. Dies war damals als Strafe des Vereins gedacht, da der temperamentvolle Junior zu oft zu energisch gegen die Entscheide der Unparteiischen gemeckert hatte... ⋌
⋌George Stutz
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