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Auch mit der neuen Tiefgarage staut sich der Verkehr beim Kantonsspital gefährlich ins Quartier. Hat der Kanton zu wenig Parkplätze gebaut?
Verkehrspolitik Wie ein Pflästerli auf einen offenen Bruch: Alle bisher getroffenen Massnahmen konnten das Stauproblem vor dem Kantonsspital Winterthur (KSW) nicht lösen. «Die Zahl der Parkplätze beim Kantonsspital Winterthur ist seit Jahren ungenügend.» Was hier die NZZ vor über zwanzig Jahren schrieb, würden viele Anwohner auch heute unterschreiben. Weder der Bezug eines zusätzlichen Parkhauses für die Mitarbeitenden 2015 noch die neue Tiefgarage, die 2022 mit dem Spitalneubau eröffnet wurde, schafften Linderung. Das 2023 eingeführte Tempo-30-Regime beruhigt zwar den Verkehr, löst aber die chronische Überlastung des Parkhauses nicht, wie Anwohner sagen.
In der Haldenstrasse staut sich am Morgen und nach dem Mittag der Verkehr gefährlich weit zurück. Anwohner beobachten vor Ort immer wieder prekäre Situationen. Einer von ihnen ist Hans Rudolf Graf, ein früheres Vorstandsmitglied des Quartiervereins Äusseres Lind. Er sagt: «Die Situation ist seit Jahrzehnten unbefriedigend. Die Parkplätze in der Tiefgarage sind häufig besetzt, und es kommt zum Rückstau. Der Suchverkehr für blaue Gratisparkplätze missachtet Fahrverbote, und Wildparkieren ist allgegenwärtig.» Bereits 2015, als der Gestaltungsplan für den KSW-Ausbau öffentlich auflag, forderte der Quartierverein, eine Reserve für Parkplätze einzubauen, falls die bewilligten Parkplätze nicht ausreichen sollten. «Unser Anliegen wurde leider abgelehnt», resümiert Graf.
Rund um das Spital stehen insgesamt 754 offizielle Parkplätze zur Verfügung, 308 davon für Besucher. 240 der Parkplätze befinden sich in der Tiefgarage. Vor dem Neubau waren es 288 Besucherparkplätze sowie 375 für die Mitarbeitenden. Hat man mit dem Neubau eine Chance verpasst, das Verkehrsproblem anzugehen? Für die bürgerlichen Parteien ist der Fall klar. Sie machten sich vor zehn Jahren für mehr Parkplätze stark.
SVP-Kantonsrat René Isler erinnert sich an die politische Debatte von damals. «Wir mussten uns gegen linke Ideologien wehren, um nur schon die bestehenden Parkplätze zu erhalten. Die Linken forderten damals einen Abbau der Parkplätze», so Isler. Es fahre ja niemand freiwillig ins Spital. «Für uns war klar: Wenn wir das Spital ausbauen, mehr Patienten behandeln und das Einzugsgebiet vergrössern, dann braucht es auch mehr Parkplätze.»
Ins gleiche Horn stiessen auch die Freisinnigen. FDP-Kantonsrat Dieter Kläy wollte damals in einer schriftlichen Anfrage an den Regierungsrat wissen, wie er mit dem Defizit an Parkplätzen umgehen wolle. «Aus den Dokumenten geht hervor, dass in der Betriebsphase der Bedarf an Parkplätzen die Anzahl der projektierten Parkplätze übersteigen dürfte», heisst es in der Anfrage.
Von einem Defizit wollte der Regierungsrat allerdings nichts wissen, wie er in der Antwort schreibt. «Aus kantonaler Sicht wurde das im Gestaltungsplan enthaltene Parkplatzangebot nicht von vornherein restriktiv festgelegt.» Einfluss auf die Berechnung der Parkplatzzahl hatte damals auch die gute Erreichbarkeit des Spitals mit dem ÖV mit insgesamt drei Haltestellen in unmittelbarer Nähe.
Dienstagmorgen, kurz nach 9 Uhr an der Haldenstrasse: Vor der Einfahrt in die Spitaltiefgarage stauen sich die Autos. Von der rot leuchtenden Null auf der elektronischen Anzeigetafel lassen sich nur wenige Autofahrer abschrecken. Die meisten warten, bis ein Platz frei wird. Seit Kurzem zeigt ein sogenanntes Parkleitsystem, wie viele Tiefgaragenplätze frei sind. Es ist eine von zwei Massnahmen, um dem Verkehrschaos Herr zu werden. «Da das Parkleitsystem erst seit vier Monaten in Betrieb ist, muss es noch optimiert werden», sagt Thomas Meier, Mediensprecher am KSW. Die zweite Massnahme: «Oberirdisch haben wir nach dem vollständigen Rückbau des ehemaligen Hochhauses eine neue Vorfahrt zum Haupteingang erstellt. Dort stehen vier Kurzzeitparkplätze für das Ein- und Aussteigenlassen zur Verfügung», so Meier. Ob das reicht? Gerade im Hinblick auf die Wachstumspläne wirken die Massnahmen nicht nachhaltig. Bis 2032 rechnet das KSW mit einer Patientenzunahme um 16 Prozent gegenüber 2019, was jährlich rund 264 500 Patientinnen und Patienten entspricht. Hat der Kanton beim KSW also schlicht zu wenig Parkplätze bewilligt? «Eine wirklich in diesem Sinne nachhaltige Massnahme wären mehr Parkplätze. Das ist jedoch eine politische Frage, die wir nicht beantworten können», so Meier.
Das Kantonsspital wächst in Zukunft weiter, und die Pläne für die nächsten dreissig Jahre sind gross. Ein kleines urbanes Viertel mit mehreren neuen Gebäuden entsteht auf dem Areal. Ob es im Zusammenhang mit der Erweiterung weitere Parkplätze geben wird, lässt der KSW-Mediensprecher offen. «Aufgrund der schwierigen finanziellen Lage haben wir alle Bauprojekte auf den Prüfstand gestellt. Das heisst, dass wir im Moment keine konkreten Aussagen zu weiteren Bauetappen machen können. Das bedeutet gleichzeitig, dass wir auch keine Angaben über zusätzliche Parkplätze machen können. Die Anzahl hängt davon ab, um wieviel grösser die bebaute Fläche sein wird.» Technisch wäre eine Vergrösserung der Tiefgarage zwar möglich, aber «ein Ausbau wäre unverhältnismässig teuer», so Meier.
Auch bei der Stadt ist man mit der Verkehrssituation noch nicht glücklich, wie es auf Anfrage heisst. «Ein einfaches Patentrezept gibt es nicht. Wir stehen mit dem KSW in Kontakt, beobachten die Situation und können weitere Massnahmen einfordern», sagt Mediensprecher Michael Graf. Massnahmen wie Tempo 30 hätten eine gewisse Verbesserung gebracht, bei neueren Massnahmen, wie dem Ein- und Aussteigekreisel werde die Entwicklung beobachtet. «Sollten weiterhin verkehrliche Missstände wie Rückstau in die Haldenstrasse auftreten, sind Massnahmen zu ergreifen», so Graf. So wäre, auch aus Sicht der Stadtpolizei, etwa ein Verkehrsdienst in Stosszeiten denkbar, wie ihn das KSW während des Umbaus einsetzte.
Besorgte Anwohner gelangen hin und wieder an die Stadtpolizei, um auf das Verkehrschaos aufmerksam zu machen. «Wir haben vor dem KSW auch schon gefährliche Situationen beobachtet, von einem eigentlichen Unfallschwerpunkt würde ich aber nicht sprechen», sagt Michael Wirz, Mediensprecher der Stadtpolizei Winterthur. In den letzten drei Jahren kam es an dieser Kreuzung zu sechs Unfällen, einer davon war ein Selbstunfall. Dazu gab es einen Auffahrunfall, zwei Kollisionen beim Abbiegen und bei zwei Unfällen war jeweils ein Fussgänger beteiligt.
Ein Parkplatzausbau ist Zukunftsmusik. Die «Winterthurer Zeitung» hat Anwohner gefragt, was gegen das Stauproblem helfen könnte. Ideen gibt es viele. Genannt wurde etwa ein Linksabbiegeverbot vor der Tiefgarageneinfahrt. So könnte der Verkehr über den Kreisel bei der Rychenbergstrasse geleitet werden, um ihn flüssiger zu machen. Auch genannt wurde eine Einspur-Strecke, wie man sie von Autobahnausfahrten kennt. Eine weitere Idee wäre, die brachliegenden Parkplätze beim Personalhaus an der Gottfried-Keller-Strasse wieder in Betrieb zu nehmen und zu bewirtschaften.
⋌Sandro Portmann
Gegen die Unvernunft der Verkehrsteilnehmerinnen ist kein Kraut gewachsen
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