Johnethen Fuchs
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Bosco Büeler misst nach: Die elektromagnetische Belastung schwankt.
Wie gut vertragen sich eine Hochspannungsleitung und ein Schulhaus in nächster Nähe? Die «Winterthurer Zeitung» hat nachgemessen, wie gross die Belastung ist.
Gesundheit Die Hochspannungsleitung surrt leise über den Köpfen, als Bosco Büeler am Freitagmorgen, 10 Uhr, den Koffer öffnet und einen Teslameter hervorholt. Mit diesem kann der Winterthurer Baubiologe die elektromagnetischen Wechselfelder der Hochspannungsleitung im Iberg messen. Büeler ist ein Pionier auf dem Gebiet der Baubiologie. Der Fachmann will genau wissen, wie gross der Elektrosmog im Gebiet ist, in dem die Stadt ein Schulhaus plant. Die «Winterthurer Zeitung» begleitet ihn dabei. Mit dem Messgerät in der Hand schreitet Büeler hin und her. Die Zahlen hüpfen nervös auf und ab, bleiben nie stehen. «Es ist ein rudimentäres Messgerät, aber es zeigt sehr gut, wie hoch die Belastung ist», so Büeler. Die Werte – sie schwanken von 0,01 Mikrotesla bis zu 0,3 Mikrotesla – stimmen ihn zuversichtlich. Wichtig zu wissen: Ein Schulhaus ist ein sensibler Ort. Es gelten besonders strenge Regeln, wenn es um die Grenzwerte von elektromagnetischen Feldern geht. Statt 100 Mikrotesla ist in der Schweiz in Schulzimmern lediglich 1 Mikrotesla erlaubt. Die Stadt Winterthur hat sich mit dem Bau nach Minergie-P-Eco-Standards sogar noch strengere Regeln auferlegt. Damit verpflichtet sie sich, einen Wert von 0,4 Mikrotesla in den Unterrichtsräumen nicht zu überschreiten. Der Wert von 0,4 Mikrotesla gilt insofern als kritisch, weil laut internationalen Studien ein erhöhtes Risiko für Kinderleukämie bestehe, wenn Kinder über längere Zeit einer Feldbelastung über diesem Wert ausgesetzt seien.
Es besteht nur eine geringe elektromagnetische Belastung an diesem Freitagmorgen. Aber: «Die Zahlen sind mit Vorsicht zu geniessen», so Bosco Büeler. Es sei gut möglich, dass bei höherer Auslastung und grösserem Stromfluss in der Leitung die Werte doppelt oder dreifach so hoch seien. Je mehr Leute Strom brauchen, desto höher die Belastung. «Für eine genaue Analyse wäre eine Messung über 24 Stunden nötig», sagt der Baubiologe. Die Stadt Winterthur hat die genauen Zahlen, will diese aber nicht weitergeben. «Detaillierte Daten und Auswertungen können nicht zur Verfügung gestellt werden, da die Firma Swissgrid AG eine Weitergabe an Dritte untersagt», heisst es bei der Stadt auf Anfrage um Einsicht. Aber sie versichert, dass laut den Messungen ein Grenzwert von 0,4 Mikrotesla in den Schulräumen eingehalten werde.
Dass die Nähe zur Hochspannungsleitung negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann, das weiss Christa Hunkeler aus eigener Erfahrung. Sie wohnt im gleichen Abstand zu den Leitungen, in dem auch das neue Schulhaus geplant wird. «Vor zirka 15 Jahren fingen die Probleme mit Schlafstörungen an, bis ich irgendwann gar nicht mehr schlafen konnte», erzählt sie im Gespräch mit der «Winterthurer Zeitung». «Ich war fix und fertig und musste sogar mit der Arbeitaufhören.»
Sie konnte sich zu Beginn gar nicht erklären, warum sie so aufgelöst war und eine innere Unruhe spürte. «Ich wusste einfach, dass es etwas mit dem Haus zu tun hatte, denn sobald ich auswärts war, zum Beispiel beim Laufen im Wald, war alles gut.» Schliesslich zeigten Messungen: Es waren die elektromagnetischen Felder im Haus und die nahe Hochspannungsleitung, die Christa Hunkeler um den Schlaf brachten. Mit Hilfe der Firma MPA Elektrobiologie in Wiesendangen wurde das Holzhaus abgeschirmt. Das wirkte: «Seither geht es mir wieder gut», sagt Christa Hunkeler. «Vielleicht bin ich sensibler als andere. Auch wenn die Grenzwerte eingehalten werden, gibt es Menschen, die die Strahlung dennoch spüren.» Sie kann nicht verstehen, warum die Stadt keinen anderen Standort gefunden hat und nun hier bauen will.
Die geltenden Richtwerte für elektromagnetische Felder werden immer wieder hinterfragt – und tatsächlich wird in der Branche der Elektro- und Baubiologen mit tieferen Werten gearbeitet. International hat sich für sensible Orte ein Wert von 0,02 bis 0,04 Mikrotesla etabliert. Das zeigt etwa auch das Merkblatt des Instituts für Baubiologie und Nachhaltigkeit, welches mit 0,02 Mikrotesla arbeitet.
Sandro Portmann
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