Franziska Baetcke
ist Leiterin der Winterthurer Bibliotheken.
«Guten Tag, holde Dame. Aus welchen Landen seid Ihr angereist?», fragt die Frau hinter der Scheibe. «Oh, holde Kassendame der Badeanstalt, ich komme in friedlicher Absicht, und von dort, wo der Chrebsbach sich durch die Auen schlängelt. Wie ich aus dem Mund des Ritters von Heimenstein vernommen habe, soll Winterthur von unermesslicher Schönheit sein. Für eine Erquickung im kühlen Nass habe ich deshalb Euer Bad auserkoren. Ob Ihr mir Eintritt gewähren mögt?»
«Was, von ausserhalb seid Ihr angereist!? Nun, in diesem Falle wird ein zusätzlicher Obolus fällig. Habt ihr Eure Papiere dabei?», fragt die Kassendame streng.
Was nach zollfreudigem Mittelalter und vielleicht sogar nach Wegelagerern tönt, ist die neuste Errungenschaft des Stadtparlaments Winterthur. Es hat beschlossen, für Kultur und Sport einen Einheimischen-Tarif einzuführen respektive die Preise für Auswärtige zu erhöhen. Der Appell des Stadtpräsidenten, auf einen solchen Tarif zu verzichten, da es «eine «kleinliche Aktion ist», ist wirkungslos geblieben. Wie steht es denn mit den Winterthurerinnen und Winterthurern, die gerne zwecks Freizeitgestaltung die Gegend unsicher machen? Sei es, weil sie an die Thur gondeln und über Pfingsten das Flussufer mit ihrer Anwesenheit und ihren Hinterlassenschaften beehren, mit ihrem lärmenden Nachwuchs auf Schloss Kyburg einfallen oder auf das Hörnli pilgern, um dem Nebel zu entfliehen. Wie glücklich wäre die Winterthurer Bevölkerung, wenn sie für das Menü auf dem Hörnli einen teureren Winti-Preis bezahlen müsste? cnb
Lade Fotos..