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Jährlich sollen in Winterthur bis 2050 Wohnungen im Umfang der Überbauung Vogelsang entstehen. Hier hat die Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft Winterthur 150 Wohnungen erstellt.
Obwohl alle das Anliegen teilten, fiel sowohl die Initiative wie auch der Gegenvorschlag im Parlament durch. Nun kann das Volk entscheiden.
Politik Ein Problem und viele Lösungen: Wie die Stadt Winterthur den Wohnungsmarkt beruhigen kann, darüber sind sich die Parlamentarierinnen und Parlamentarier von links bis rechts uneins. In der Diskussion am Montag, 8. April, wurde die SP-Initiative «Wohnen für alle» kontrovers debattiert. Diese verlangt, dass sich die Stadt aktiv für bezahlbaren und hochwertigen Wohnraum einsetzt. Die SP setzt dabei auf gemeinnützige Wohnbauträger. Diese würden im Schnitt rund 20 Prozent günstiger bauen. Das Ziel der Initiative: Bis 2040 soll der Anteil gemeinnütziger Wohnungen von heute 12 auf 25 Prozent erhöht werden. «Bezahlbaren Wohnraum zu finden, gleicht einem Sechser im Lotto», sagt Markus Steiner, Co-Parteipräsident der SP Winterthur.
«Nicht umsetzbar», so allerdings das Fazit des Stadtrats. Dieser teilt zwar das Anliegen der Initianten, sprach sich im Vorfeld aber gegen die Initiative aus. «Dies vor dem Hintergrund, dass der Wohnungsmarkt durch exogene Faktoren wie beispielsweise Verfügbarkeit von Boden, Kapitalmarkt und Zinsumfeld oder auch durch die Bevölkerungsentwicklung beeinflusst wird», so der Stadtrat. Er stellte einen abgeschwächten Gegenvorschlag zur Diskussion. Der Stadtrat schlägt vor, bis 2040 durchschnittlich jährlich 120 neue Wohnungen zu schaffen.
Die SP-Volksinitiative wurde vom Parlament abgelehnt. Mit zahlreichen Änderungen versuchten die Politikerinnen den stadträtlichen Gegenvorschlag nach ihrem Gusto anzupassen. Insgesamt 13 Abstimmungen gab es dazu. So wollte die SVP eine Klausel einbauen, nach der nur Anrecht auf eine solche Wohnung hat, wer schon seit zwei Jahre in Winterthur wohnt. Auch war man sich über die Zahl der Wohnungen und den Zeithorizont nicht einig. Der FDP Winterthur war die Initiative zu ideologisch. Die Bevorzugung von Genossenschaften verzerre den Markt. «Es gilt Angebot und Nachfrage. Wenn wir mehr Wohnungen bauen, wird auch der Preis sinken», sagte FDP-Parteipräsident Raphael Tobler. Er störte sich auch an der Bevorzugung von gemeinnützigen Baugenossenschaften. «Wenn, dann müssen wir den Bau von preisgünstigen Wohnungen allen erlauben», so Tobler. Auch Stadtparlamentarier Marc Wäckerlin von der SVP bemühte das Bild von Angebot undNachfrage.
«Mutlos» fand die SP den Gegenvorschlag der Stadt. Mit Marktverzerrung habe die Bevorzugung von genossenschaftlichen Wohnbauträgern nichts zu tun, führte Markus Steiner, Co-Präsident der SP Winterthur, aus. «Die günstigeren Preise sind begründet durch den Verzicht auf hohe Renditen.» Wegen Immobilienspekulation würden Herr und Frau Schweizer zu viel für ihre Wohnung bezahlen. «Es sind nicht die Genossenschafterinnen und Genossenschafter, die zu wenig bezahlen, alle anderen zahlen zu viel», so Markus Steiner.
Der Wohnungsmarkt in Winterthur ist so ausgetrocknet wie die Töss im Hochsommer. Es hat kaum freie Wohnungen. Die Stadt vermeldete im vergangenen Sommer den tiefsten Leerwohnungsstand seit neun Jahren. Am 1. Juni 2023 standen 113 der rund 60 000 Wohnungen in der Stadt Winterthur leer oder zum Kauf. Die Leerwohnungsziffer sank im Vergleich zum Vorjahr von den bereits tiefen 0,37 auf 0,19 Prozent. Diese Knappheit spiegelt sich im Preis von Mietwohnungen, der in den letzten Jahren stark gestiegen ist.
Bei der SP-Fraktion gibt es am Dienstag nach der Parlamentssitzung gemischte Gefühle. Wie Stadtparlamentarierin Beatrice Helbling, die auch in der Aufsichtskommission sass, im Nachgang sagt, sei sie zwar erfreut, dass die Zahl der Wohnungen von 120 auf 150 erhöht wurde. «Aber die SP ist enttäuscht, dass wir den Mehrwert von gemeinnützigem Wohnungsbau nicht aufzeigen konnten», so Helbling. Das Initiativkomitee berate nun, wie es mit der Initiative weitergehe und wie die SP mit dem Gegenvorschlag umgehen wolle. Beatrice Helbling geht aber davon aus, dass das Komitee an der Initiative festhalten wird. Voraussichtlich im Herbst also wird die Winterthurer Bevölkerung das letzte Wort dazu haben.
⋌Sandro Portmann
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